Kann mir jemand bitte diesen Text zusammenfassen? Danke
Laut dem Schriftsteller Friedrich Schiller sollte das Theater genau das sein. Ein Korrektiv, ein Instrument der Belehrung, der Besserung der Menschheit. Die enthusiastischen Worte eines jungen Schiller hallen noch heute nach. Besonders in Zeiten, wo ĂŒber Kultur gesprochen wird als Leitlinie, die zur gelungenen Integration fĂŒhren soll. Allerdings herrschen im Kulturbetrieb selbst prekĂ€re Bedingungen â vor allem fĂŒr die BeschĂ€ftigten. "Beschweren darf man sich nicht, egal ob man angeschrien oder aufgerieben wird", sagt einer, der die Arbeitsbedingungen infrage stellt. Julian Paulsen*, Mitte 30, Regieassistent. Er steht derzeit fest an einem Haus im SĂŒden der Republik unter Vertrag. Mit seinen Mitte 30 hat er schon an zahlreichen Theater- und OpernhĂ€usern Erfahrungen gesammelt. Er sagt: Wer im Kulturbetrieb arbeitet, wird frĂŒher oder spĂ€ter zerrieben.
60 bis 80 Stunden in der Woche seien keine Seltenheit, Arbeitszeiten von halb zehn am Morgen bis weit nach Mitternacht kĂ€men regelmĂ€Ăig vor â und dafĂŒr gĂ€be es in den meisten Jobs gerade einmal ein Bruttogehalt von 1.800 Euro im Monat. Die Bedingungen stĂŒnden freilich so nicht im Arbeitsvertrag, seien aber die gelebte RealitĂ€t, sagt Paulsen. Als Absolventen, frisch von der Uni, machten das auch viele Einsteiger zunĂ€chst mit. SchlieĂlich ĂŒberwiege die Freude an der Arbeit und die meisten sehen sich als KĂŒnstler, der sich bewusst gegen einen Nine-to-Five-Job entschieden hat. Doch spĂ€testens wenn man anfange, ĂŒber die eigene Altersvorsorge nachzudenken, gerate dieses Bild ins Wanken. "Aber wenn man nicht mitmacht, ist man spĂ€testens nach zwei Jahren eben raus", sagt Paulsen. LĂ€nger gingen die Engagements kaum noch. LĂ€ngerfristiges Planen sei dabei unmöglich. Geld ansparen? Urlaub? Familie grĂŒnden? Unter diesen Bedingungen unmöglich.
Mehr noch: Viele Kulturschaffende haben unter den prekĂ€ren Arbeitsbedingungen allerdings Probleme. Es wird von ihnen erwartet, den Betrieb in Gang zu halten. Aber KreativitĂ€t kann sich dauerhaft nicht entfalten, wenn BeschĂ€ftigte permanent an einem existentiellen Limit arbeiten. Das ist lĂ€ngst auch aus der Arbeitspsychologie bekannt. "Es ist toll, dass es immer noch kleine HĂ€user und feste Ensembles gibt. Das muss erhalten bleiben", sagt Carolin Schneider, eine junge SĂ€ngerin. Aber sie wĂŒrde nie wieder an einem Haus fest arbeiten wollen. Schneider war bei einem groĂen und weltweit bekannten Opernhaus unter Vertrag â und wĂŒrde nie wieder so einen Vertrag haben wollen. "Man wird zum Sklaven des kĂŒnstlerischen BetriebsbĂŒros und muss das singen, was gerade ansteht", sagt sie. Ob das Repertoire zur Stimme passe oder nicht, die Partien mĂŒssten wie am FlieĂband eingeĂŒbt werden. Pausen gebe es kaum, Urlaub sei nur in den Spielzeitferien im Sommer zu nehmen â solange das geringe Gehalt nicht durch Auftritte auf Festivals aufgebessert werden muss. Und wĂ€hrend der Betrieb laufe, sei es schwer, Abstand zu gewinnen â schon allein, weil die Arbeitszeiten und ArbeitseinsĂ€tze kaum ein Privatleben zulassen. So sei es normal gewesen, dass sie die ProbenplĂ€ne fĂŒr den nĂ€chsten Tag erst am Vorabend erhalten habe. Oder einspringen musste, wenn eine andere SĂ€ngerin krank wurde â egal ob es eigentlich ihr freier Tag war.
"Es besteht Abmeldepflicht, wenn man sich mal etwas weiter vom Haus entfernen möchte", sagt der Sound- und Lichtdesigner Stefan Jakobsen. Er versucht, einen Mittelweg zu finden: eine Halbe Stelle, die ihm Sicherheit gewĂ€hrt, aber kein kĂŒnstlerisches Arbeiten bietet. Und zusĂ€tzlich saisonale Arbeit â kĂŒnstlerische AuftrĂ€ge, in denen er sich stĂ€rker verwirklichen kann. "Auf Festivals erlebe ich regelmĂ€Ăig, wie junge SĂ€nger und SĂ€ngerinnen, Schauspieler und Schauspielerinnen sowie Regisseure und Regisseurinnen regelrecht verheizt werden", sagt Jakobsen. "Die Halbwertszeit ist sehr gering."
Weil Engagements rar sind und der Einstieg schwer, versuchen gerade junge KĂŒnstler, jedes Angebot wahrzunehmen. Nicht wenige geben nach einigen Jahren den Beruf allerdings auf â oft auch, weil sie an Burn-out und Depressionen erkranken. Was fehlt, sind Ansprechpartner im Kulturbetrieb. Und PrĂ€vention. Oder VerstĂ€ndnis. Doch Intendanten und Direktoren blickten lieber auf die Zahlen ihres Hauses, denn diese mĂŒssten sie der Politik regelmĂ€Ăig vorlegen, sagt Jakobsen. "Man wird kaum gefördert, vielmehr arbeitet man fĂŒr die Karrieren anderer Menschen", sagt Julian Paulsen. Er kritisiert, dass viele Theater kaum Kosten und MĂŒhen scheuten, um einen groĂen Namen ans Haus zu holen. Aber dass dies auf Kosten derjenigen gehe, die den alltĂ€glichen Betrieb am Laufen hielten.
Unbefristet? Nicht im Kulturbetrieb
"Wir sind eine Generation, die Unsicherheit lebt", sagt Philipp HĂ€geler, ein junger Schauspieler. Er erzĂ€hlt, dass er nur einen einzigen Schauspieler kennt, der eine unbefristete feste Anstellung am Theater und eine Gage hatte, von der er gut leben konnte â sein Lehrer. "Doch diese Generation stirbt aus."